DIE JOHANNES- PASSION

Spielfilm | 1990

ZUM FILM

Die Bachsche „Johannes-Passion“ erzählt die Leidensgeschichte Christi anhand der überlieferten Texte des Evangelisten. Die Filmhandlung setzt authentisch ein zur Handlung der Geschichte Jesu mit dem Verrat des Judas. Die einführenden Choräle sind montiert zu Straßenbildern aus dem heutigen Speyer, aus der Menschenmenge lösen sich die einzelnen Protagonisten und streben dem Domgebäude zu. Wir erleben ihre Kostümierung, beobachten sie in der Maske, parallel dazu findet das Einleuchten im Dom statt. Langsam erkennen wir die Solisten, Pilatus, Jesus, Petrus und den Evangelisten.

Die Handlung spielt ausnahmslos im Kirchenschiff des Speyerer Doms sowie in der Krypta aus dem 11. Jahrhundert. Einige wenige Szenen werden ins Kloster Maulbronn verlegt, dort wird das Refektorium, der Kapitelsaal, Brunnen und Kreuzgang genutzt.
Vor allen Dingen Lichteffekte und Kamerafahrten lösen die Handlung dramaturgisch auf und ersetzen realistische Kulissen.
Im Vordergrund der Handlung steht die Auseinandersetzung zwischen Jesus und Pilatus, deren Beziehung zueinander von einer Tragik gekennzeichnet ist, die uns heute immer noch angreift. Pilatus, Fremder und Werkzeug einer politischen Macht in einem besetzten Land, begegnet in Jesus einer ungeahnten Herausforderung. Er muss sich plötzlich mit der Frage nach der Wahrheit auseinandersetzen und scheitert an seiner eigenen Entschluss- und Kraftlosigkeit. Pilatus kann auch für Menschen in unserer Zeit stehen, deren Tagesgeschäfte nur um den Preis der Menschenverachtung und der Verletzung der menschlichen Würde durchzuführen sind. Wobei Pilatus als Mensch durchaus fähig wäre, sich zu wandeln und damit den Dingen einen anderen Verlauf geben könnte, wenn nicht die öffentliche Meinung ihn daran hindern würde. Jesus, auch dafür gibt es heutige menschliche Beispiele, befindet sich mit sich in innerster Übereinstimmung, er bleibt sich treu. Tragisch wird er und damit die Situation allein durch das Unrecht. Der Pöbel hat Pilatus die Macht über Jesus abgenommen. Pilatus bleibt aber bis zum Schluss Beobachter des Geschehens.

Neu ist die Petrus-Interpretation; sein Leugnen kommt aus der Verbitterung, aus der Ohnmacht heraus, Jesus nicht angemessen verteidigen zu können. Als zusätzliche Figur treibt ein kleinwüchsiger Kobold in einem verblichenen Patchwork-Kostüm sein Unwesen. Er verkörpert das Teuflische, das in jedem Menschen steckt, er äfft der geifernden Menge nach, er treibt sie an, er wirft mit Parolen um sich.

Neu ist auch vor allem die Rolle des Chors, der im Verlauf der Handlung sowohl die gläubige Gemeinde verkörpert wie den aufgebrachten Straßenpöbel. Die Handlung, gekrönt und beendet durch den Chorgesang über die Auferstehung Christi, endet mit außergewöhnlichen Einstellungen um das Domgebäude. Wieder verfolgen wir Menschen von heute, bis wir schließlich zum Schluss durch das Hauptportal der Kirche im dunklen Inneren weit entfernt einen weißen Fleck entdecken: der Chor beim Schluss-Choral.
Immer heller strahlt das „Weiß“ ins Bild, die Konturen verschwimmen und zerfließen ins Licht.

CAST & CREDITS

DARSTELLER:

Jesus: Christoph Quest
Pilatus: Klaus Barner
Evangelist: Ernst Haelfiger
Petrus: Ralf Richter
Frau des Petrus: Isolde Barth
Maria Magdalena: Renee Morloc
Judas: Eric P. Caspar
Narr: Karl-Heinz Tittelbach
Bass: Kieth Engen
Sopran: Daniela Obermeir

STAB:

Musik: Johann Sebastian Bach (Passio Secundum Ioannem/Johannes-Passion)
Buch/Regie: Hugo Niebeling
Kamera: Franz Rath, Thomas Schwan
Ton: Rolf W. Hapke
Schnitt: Hugo Niebeling
Kostüme/Ausstattung: Gerd Staub
Kamera-Assistenz: Nicolas Hüther, Lisa von Treskow
Mischung: Bruno Nellessen
Kopierwerk: ARRI Conrast, Berlin
Aufnahmeleitung: Regine Smarsly, Jochen Herbes
Herstellungsleitung: Peter Hahne
Redaktion: José Montes-Baquer, Dietrich Mack
Produzent: Jürgen Haase

Eine Produktion der PROVOBIS Gesellschaft für Film und Fernsehen mbH im Auftrag von WDR und SWR

TECHNISCHE DATEN

Spielfilm, 125 min.
Premiere: 1990